- Das Problem bei der Kommunikation
- Die Ebenen vom Vier-Ohren-Modell
- Das 4 Ohren Modell im Projektmanagement
- Praxistipps rund um das 4-Ohren-Modell
Kommunikation kann schiefgehen: Das weiß jeder, jedoch sind die Gründe dafür nicht immer offensichtlich.
Dass es an der Kommunikation haperte, fällt häufig dann auf, wenn ein Projekt nicht so läuft, wie geplant.
Dann kommt zum Vorschein, dass beim letzten Meeting “etwas anders gemeint war” oder “missverstanden wurde”.
Für ein besseres Verständnis “falscher” Kommunikation gibt es das 4 Ohren Modell.
Das Problem bei der Kommunikation
Ohne Kommunikation geht nichts. Und das Spannende: Sie kommunizieren immer. Sie können nicht nicht kommunizieren – eines der Aussagen des Kommunikationsforschers Paul Watzlawick.
Führen Sie sich vor Augen, dass alles, was Sie machen, wenn Sie auf eine andere Person treffen, Kommunikation ist.
Verbal, nonverbal und vokal sind hierbei die Schlagworte. Wenn Sie sprechen, treffen Sie eine bestimmte Wortwahl und eine Sprache: gehobene Sprache, Alltagswörter oder eine spezielle Fachsprache.
Sie nutzen eine bestimmte Sprachmelodie und sprechen langsam, schnell, leise oder laut. Sie betonen bestimmte Silben, Wörter oder ganze Satzteile und Sie nutzen Pausen während des Sprechens.
Doch nicht nur, was aus Ihrem Mund kommt, ist Kommunikation: Auch Ihr Körper kommuniziert. Vielleicht gestikulieren Sie. Eventuell verzerren Sie das Gesicht oder nicken zustimmend.
Mimik und Gestik sind ebenfalls Teil der Kommunikation.
Genauso wie Proxemik: Sie gehen auf Distanz zu Ihrem Partner oder stellen einen Tisch zwischen sich. Sie schütteln herzlich die Hände oder grüßen nur beiläufig.
Sie merken: Alles ist Kommunikation – auch eine scheinbare Nicht-Kommunikation. Die bisher beschriebenen Aspekte zeigen jedoch nur einen kleinen Teil des großen Ganzen.
Was Sie sagen und meinen, kann bei Ihrem Gegenüber ganz anders ankommen. Sie denken, Sie waren nett und freundlich? Ihr Gegenüber empfindet das vielleicht ganz anders.
Sie glauben, dass Ihre Botschaft klar und deutlich war? Ihr Gegenüber verstand vielleicht nur die Hälfte.
Damit Sie sich der Prozesse der Kommunikation bewusst werden, bietet sich das 4 Ohren Modell von Friedemann Schulz von Thun an.
Es wird teilweise auch 4 Ebenen oder 4-Augen-Modell genannt. Alles drückt dasselbe aus: Sie kommunizieren auf vier unterschiedlichen Ebenen und Ihr Gegenüber empfängt Ihre Kommunikation ebenfalls auf vier Ebenen.
Die Ebenen vom Vier-Ohren-Modell
Das Schulz von Thun Modell umfasst die Sachebene, die Appellebene, die Beziehungsebene und die Selbstoffenbarungsebene. Wenn Sie nur einen einzigen kurzen Satz sagen, kommunizieren Sie auf diesen vier Ebenen.
Sachebene
Die Sachebene steht für die reine Information. Sagt Ihnen jemand, dass im Meetingraum die Klimaanlage ausfiel, kennen Sie diesen Fakt.
Appellebene
Die Appellebene kann nun vielschichtig sein. Sie steht dafür, dass jemand mit einer Aussage einen Appell an Sie richtet.
Bleiben wir bei der Klimaanlage: Der Appell könnte lauten, dass Sie die Klimaanlage reparieren sollen. Er könnte auch lauten, dass sich jemand darum kümmern (sollte).
Beziehungsebene
Die Beziehungsebene offenbart Ihnen, wie Ihr Gegenüber zu Ihnen steht, wenn er mit Ihnen kommuniziert.
Das zählt natürlich auch andersherum: Wie stehen Sie zu Ihrem Gegenüber, wenn Sie kommunizieren?
Je nachdem wie Ihnen jemand sagt, dass die Klimaanlage ausfiel, können Sie sich wertgeschätzt, gedemütigt, abgelehnt oder respektiert fühlen.
Selbstoffenbarungsebene
Die Selbstoffenbarungsebene sagt Ihnen etwas über das Empfinden Ihres Gegenübers zum Thema. Vielleicht ist ihm viel zu warm, weshalb die Klimaanlage eine entscheidende Rolle spielt für sein Befinden.
Beispiel
Fassen wir alle Ebenen des 4 Ohren Modells zusammen und betrachten wir ein einfaches, tägliches Beispiel:
Thomas fährt das Auto und seine Frau Nadine ist Beifahrerin. An der roten Ampel kommt das Fahrzeug zum Stehen.
Die Ampel wird grün und Nadine sagt: “Die Ampel ist grün.” Vier einfache Wörter, die zu völlig unterschiedlichen Auffassungen bei Thomas und Nadine führen können.
Auf der Sachebene sagt Nadine nur, dass die Ampel grün ist. Es handelt sich um eine reine Information über die Farbe der Ampel.
Auf der Appellebene wird es schon schwieriger. Was will Nadine damit sagen? Will Sie sagen, dass Thomas nun endlich fahren soll, weil die Ampel grün ist? In welchem Tonfall sie die Information weitergibt, entscheidet über das Verständnis bei Thomas.
Auf der Beziehungsebene sagt Nadine zu Thomas eventuell arrogant, dass er im Straßenverkehr endlich schneller reagieren soll, um nicht noch einmal in so eine peinliche Situation zu kommen.
Auf der Selbstoffenbarungsebene sagt sie ihm vielleicht, dass sie sich gestresst fühlt, weil hinter ihnen andere Autofahrer warten. Eventuell will Sie auch einfach schnell nach Hause.
Sie merken daran, wie oft im Beispiel die Wörter “vielleicht” und “eventuell” vorkommen, dass nicht sofort klar ist, was Sender und Empfänger meinen.
Umso wichtiger ist es, dass Sie das 4 Ohren Modell bei jeglicher Kommunikation vor Augen haben. Dadurch verstehen Sie auch Ihr Gegenüber besser.Das größte Problem entsteht, wenn eine der vier Ebenen überinterpretiert wird.
Legt der Empfänger zu viel Gewicht auf die Appellebene, überhört er gegebenenfalls die eigentliche Sachebene.
Dem Sender ist der Appell eventuell gar nicht wichtig, doch der Empfänger misst diesem eine viel zu hohe Bedeutung bei.
Wenn der Sender zu viel Wert auf die Selbstoffenbarungsebene legt, ist es möglich, dass er seine eigentliche Botschaft nicht kommuniziert.
Der Empfänger versteht eventuell auch nicht genau, dass sich der Sender selbst offenbart, weil er die Botschaftsebene überinterpretiert. So verhält es sich auch mit den anderen Ebenen des Vier-Ohren-Modells.
Das 4 Ohren Modell im Projektmanagement
Das Schulz von Thun Modell ist Gold wert im Projektmanagement.
In erster Linie hilft es Ihnen, Konflikte und Missverständnisse vorzubeugen. Das gilt maßgeblich für die Projektleitung.
Das Hauptproblem bei jedem Projekt – gleich welcher Art – ist immer der Mensch. Wie er kommuniziert, was er versteht und wie er es versteht, trägt maßgeblich zum Erfolg eines Projektes bei.
Der Projektleiter ist dabei das A und O: Verinnerlicht er das Schulz von Thun Modell, kommuniziert er Ziele und Aufträge klarer.
Vor jedem größeren Projekt lohnt es sich daher, allen Teilnehmern das 4-Ohren-Modell bewusst zu machen.
Auch wenn diese es schon unzählige Male hörten: Wer weiß, dass diese vier Ebenen existieren, kommuniziert anders und versteht Fehlkommunikation besser.
Das Vier-Ohren-Modell stärkt somit auch zwischenmenschliche Beziehungen und ist eine enorme Hilfe für das Stakeholder Management.
Gerade, wenn es unterschiedliche Rollen und Verantwortlichkeiten in einem Projekt gibt (definiert durch eine RACI Matrix).
Hierbei kann es durch falsche Kommunikation (oft auf der Beziehungsebene) zu Fehlschlüssen kommen. Ein Projekt startet somit gleich ungünstig.
Zudem erleichtert das Vier-Ohren-Modell eine gesunde Feedback-Kultur. Das ist wichtig, wenn es um Abschlussgespräche von Projekten geht.
Nach jedem Projekt werden Fehler und Probleme offensichtlich. Diese auf eine vernünftige Art und Weise zu kommunizieren, vereinfacht durch das Schulz von Thun Modell.
Praxistipps rund um das 4-Ohren-Modell
1. Kommunikationsregeln beachten
Führungskräfte und Projektleiter müssen wissen, wie sie kommunizieren. Merken Sie, welche Botschaften Sie tatsächlich auf den einzelnen Ebenen senden, wird vieles klarer.
Das betrifft sowohl Worte als auch Verhalten. Sie müssen sich gleichermaßen immer ins Gegenüber versetzen und verstehen, wie Ihre Kommunikation ankommt. Das Vier-Ohren-Modell fasst diese Ebenen optimal zusammen.
Darüber hinaus kann das 4-Ohren-Modell ergänzend sehr gut dabei helfen.
2. Eine Botschaft allein reicht nicht
Eine Botschaft allein reicht nicht. Sie betrifft nur die Sachebene des Vier-Ohren-Modells. Die anderen drei Ebenen sind jedoch ebenfalls relevant. Daher müssen Führungskräfte und Projektleiter vor allem zuhören.
Nur so verstehen Sie, was die eigenen Aussagen beim Gegenüber bewirken. Das Eisbergmodell kann ergänzend dabei helfen. Offen kommunizieren, aktiv zuhören und Details beim Gegenüber erkennen: Das sind wichtige Faktoren für erfolgreiche Kommunikation.
3. Persönlichkeitstest machen
Führungskräfte und Projektleiter sollten mindestens einmal einen Persönlichkeitstest machen. Solch ein Test hilft dabei, sich selbst und andere einzuordnen.
Der DISG-Test oder der Myers-Briggs-Typenindikator sind solche Tests. Sie helfen schlussendlich alle Ebenen des 4-Ohren-Modells, sowohl auf Sender- als auch auf Empfängerseite, zu verstehen.
4. Gesunde Selbsteinschätzung
Neben solch einem Test sollten Führungskräfte und Projektleiter eine gesunde Selbsteinschätzung haben.
Sie sollten üben und sich stets reflektieren. Auch wie die Fremdwahrnehmung der eigenen Person ist, ist essenziell für einen guten Führungsstil.
Sowohl für die Selbst- als auch für die Fremdwahrnehmung ist das Johari Fenster ein sehr hilfreiches Modell.
Beides üben Sie, wenn Sie sich immer wieder bewusst machen, welche Ebenen das Vier-Ohren-Modell umfasst.
5. Auf die emotionale Intelligenz kommt es an
Zu guter Letzt helfen Trainings für emotionale Intelligenz als Führungskompetenz. Dies ist eine Kernkompetenz für das Verständnis des Gegenübers.
Nur wer sein Gegenüber versteht und die einzelnen Ebenen vom Vier-Ohren-Modell auch ernsthaft anwendet, wird langfristig erfolgreich sein.
Sich der emotionalen Intelligenz bewusst zu werden, ist ebenfalls ein Hauptfaktor für erfolgreiche Kommunikation nach dem 4-Ohren-Modell.